Kulturregion Wartburg im Thüringer Wald

Von Früchten und Vögeln am Weihnachtsbaum

Die Motive der Glasbläser

Zu den Singvögeln des Thüringer Waldes wie Zeißig, Stieglitz oder Dompfaff hatten die Lauschaer Glasbläser stets eine besondere Beziehung. Mit ihrem Zwitschern erhellten sie den kargen Alltag in den dunklen Hütten. Vor allem aber hatten sie einen praktischen Nutzen, sie dienten zur Testung des Sauerstoffgehalts in den häuslichen Arbeitsstuben. Fiel der Vogel tot von der Stange, war es für den Glasbläser höchste Zeit frische Luft zu schnappen. Der kunstvoll gefertigte Christbaumschmuck der Lauschaer Glasvögel, mit echten Naturfedern dekoriert, ist heute noch weltweit begehrt. Der traditionelle Weihnachtsbaum sollte mindestens mit zwei sich gegenseitig betrachtenden Vögeln geschmückt werden. Sie stehen symbolisch für Neubeginn, Christi Geburt und den Frühling. 

 

 

Figürliche Darstellungen wie die Vögel werden durch das Einblasen in eine zweiteilige Negativform „vor der Lampe“ hergestellt, dann mit einer Silbernitratlösung innen verspiegelt und mit speziellem Glaslack versehen. Die grünen Tannenzweige spiegeln sich in den filigranen, üppig verzierten Weihnachtsanhängern. Um den Lichterglanz des zarten Baumschmucks noch weiter zu steigern, entwickelten die Glasbläser immer wieder neue Techniken. Man experimentierte mit eingezogenen oder eingestochenen „Reflexen“ auf den noch heißen freigeblasenen Kugeln oder umspann den Christbaumschmuck mit feinstem Silberfaden, den sogenannten leonischen Drähten. Um 1830 erfand Guido Greiner Adam die Glaswolle. Sie schenkte der ursprünglichen Vogelform ihren eleganten Schwanz aus Glas. Als feines Engelshaar schmückte sie auch die Christbäume. All diese Erfindungen wurden streng behütet. Bis heute werden die Keramikformen für den figürlichen Christbaumschmuck, das ideenreiche Dekor, die Maltechniken und Farbpaletten nur innerhalb der Familie von Generation zu Generation weitergegeben. 

 

 

© Adrian Seeber

Zu Beginn war weniger mehr, der Baum wurde vorwiegend mit Dingen behängt, die auch tatsächlich im Winterwald anzutreffen sind. Diese nostalgischen Motive wie Tannenzapfen, Früchte oder Eulen erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Entwickelt hatte sich der gläserne Baumschmuck ab den 1830er Jahren aus den kleinen mundgeblasenen Perlen und Glasfrüchten, die an die Sonneberger Verleger für die Schmuckindustrie geliefert wurden. Viele Schmuckformen wurden als Sinnbilder an die Zweige gehängt, etwa Nüsse für Fruchtbarkeit oder Früchte als Sehnsucht nach dem Sommer. 

Auch die Gestirne Sonne, Mond und Sterne sind in den frühen Formen zu finden. Das Mondgesicht als uralte Vorstellung und Auge der Nacht fand schnell Eingang in die Motivik. Bald wurde auch die Symbolik des Weihnachtsfests mit einbezogen: Trompeten, Engel, Glocken als Glücksbringer für ein neues, gesegnetes Jahr. 

 

 

Mit der rasant steigenden Nachfrage nach gläsernem Christbaumschmuck ab dem späten 19. Jahrhundert überboten sich die Lauschaer Glasbläser in der Erfindung immer neuer gläserner Miniaturen. Neue Trends wurden aufgegriffen, der Zeitgeist spiegelte sich wider. Während des ersten Weltkriegs konnte man den heimischen Weihnachtsbaum mit Zeppelinen, eisernen Kreuzen, Soldatenköpfen mit Pickelhaube oder U-Booten schmücken. 

Die Fantasie ist bis heute grenzenlos. Alles, was sich als Hohlform gestalten lässt, wird entwickelt. In den Lauschaer Glasmanufakturen finden sich die verschiedensten Motive. Von einzigartigen historischen Motiven und Dekoren, über Alltagsgegenstände bis hin zu Disneyfiguren – der Schmückung des individuellen Weihnachtsbaums sind keine Grenzen gesetzt.  

© LEIKA Kommunikation / Ute Lieschke, Johanna Brause