Offroad auf schmalen Reifen

Mountainbiker und Rennradfahrer haben den Thüringer Wald seit Jahren für sich entdeckt, jetzt boomt das Gravelbiken. Das sportlich-robuste Rad ist ein absolutes Multitalent, das für Fahrten auf Asphalt-, Feld-, Wald- und Schotterwegen geeignet ist – und damit perfekt für die Bedingungen im Thüringer Wald. Das findet auch der ehemalige Rennrad-Profi Marcel Kittel, der nach seinem Karriereende dem neuen Trend in der thüringischen Heimat frönt.

 

 

Über gut ausgebaute Wald- und Wiesenwege. Über schmale Pfade. Über so manchen Stock und so manchen Stein. Sogar über die ein oder andere rutschige Wurzel oder über Eisplatten und Schnee im Winter. Das alles schafft das Gravelbike, ein komfortabler Allrounder unter den Fahrrädern und quasi wie geboren für Offroad-Abenteuer im Thüringer Wald. 

Das Gravelbike wurde in den USA erfunden, als ein paar Rad-Enthusiasten ihre Marathons nicht nur auf Asphalt, sondern auch auf Schotterwegen fahren wollten. Mit dem Rennrad und seinen schmalen Reifen waren die unbefestigten Wege kaum zu absolvieren, zumindest nicht ohne Gefahr zu laufen, sich einen Platten einzuhandeln oder schmerzhafte Stürze zu erleiden. Weil auch die beim Cyclocross genutzten Cross-Rennräder nicht ganz optimal waren, entwickelte sich das Gravelbike heraus – und mit ihm direkt neue Rennformate, wie etwa die Gravel Grinder. 2015 schwappte der Trend nach Deutschland. Seitdem ergänzen die Bikes den Radverkehr. 

Tourenvielfalt Thüringer Wald

Die dünnbereiften Rennmaschinen mit Drop-Bar sind ein Garant für Fahrspaß in unterschiedlichstem Terrain und verschiedensten Witterungsbedingungen. Über die asphaltierten Radwege des Thüringer Waldes lassen sich zügig geschichtsträchtige Kleinstädte miteinander verbinden und traditionsreiche Dörfer abseits der normalen Routen entdecken. Über gut ausgebaute Wald- und Wiesenwege fern des bekannten Rennsteigs lässt sich unberührte Natur erfahren, ob von der Waldautobahn bis zum schmalen Pfad mit vereinzelten Wurzeln.

 

 

Dieser unglaublichen Vielseitigkeit kann selbst Marcel Kittel, Thüringens Top-Rennradfahrer, nicht widerstehen. Während der gebürtige Arnstädter bis zu seinem Karriereende auf dem Rennrad saß, sattelt er mittlerweile gerne einmal um, wenn er zu Besuch in der alten Heimat ist. „Ich besitze ein Gravelbike und bin auch viel damit unterwegs. Es bietet eine perfekte Mischung aus Spaß und der sportlichen Challenge mitten in der Natur und abseits von den mir bekannten Rennradstrecken. Damit habe ich viele neue Ecken im Thüringer Wald kennengelernt“, sagt er. 

Rennsteig – Ein Abenteuer für Graveller 

Die robusteren Modelle eignen sich wiederum perfekt zum Bikepacking. Dank der ausgeklügelten Gepäcksysteme an Lenker, Rahmen und unterhalb des Sattels wird die Radreise zum Mikroabenteuer, zum Beispiel während einer gut 200 Kilometer langen Radtour auf dem Rennsteig Radweg, der in weiten Teilen auch auf dem originalen Kammweg entlangführt. Auch Marcel ist ihn schon mit dem Rad erkundet, in entgegengesetzter Richtung von Blankenstein nach Eisenach. „Ich fand es sehr spannend, durch das ehemalige DDR-Grenzgebiet inklusive Todesstreifen zu fahren und die deutsch-deutsche Geschichte so von meinem Rad aus selbst zu entdecken.“ 

 

 

Auf Schienen zum Kamm

Nächster Halt: Bahnhof Rennsteig. Hier verkehrt die Süd-Thüringen-Bahn (RennsteigShuttle) am Wochenende. Die Fahrradmitnahme ist kostenfrei. (Gideon Heede)

Mit dem Gravelbike lassen sich unzählige Touren zwischen dem Thüringer Meer und der Wartburg machen, die oft nicht mit Höhenmetern geizen und Hobbysportler wie ambitionierte Biker gleichermaßen herausfordern. Neben den schon gut ausgebauten Radwegen bietet sich dabei eine Vielzahl der 44 Rennsteig-Leitern als attraktive Zubringerwege zum Höhenweg an. Sie schaffen eine perfekte Planungsgrundlage innerhalb des komplexen Wegenetzes im Thüringer Wald, um zu einer abwechslungsreichen Tour aufzubrechen.  

 

Drei Streckentipps

Marcel hat so einige Streckentipps parat: Wer Lust auf Klettern hat, den führt die Rennsteigleiter von der Universitätsstadt Ilmenau aus zum Schneekopf, die zweithöchste Erhebung des Thüringer Waldes. Die Tour „Thüringische Schönheit“ führt über den Rennsteig in Richtung Neustadt am Rennsteig und von dort vorbei an blühenden Waldwiesen zurück über idyllische Täler wie das Schortetal nach Ilmenau. 

 

 

Der Gera-, Ilmtal- oder Ilm-Rennsteig-Radweg sind hingegen perfekte Wege zum Warmmachen, um dann auf Schotter und Waldwege abzubiegen und herausfordernde Rampen zu meistern, die zu Zielen mit atemberaubenden Aussichten führen. Die gut 40 Kilometer lange Zwei-Talsperrentour ab Oberhof, eine äußerst beliebte Strecke unter Mountainbikern, ist auch für Graveller bestens geeignet. Sie reizt mit landschaftlichen Höhepunkten. Und dank der gut 700 Höhenmetern, die es zu überwinden gilt, auch mit sportlichen Herausforderungen – für die das Gravelbike der beste Partner ist.