Energiebündel auf ruhigem Gewässer

Stand Up Paddeling mit Tina Schlag auf der Lütsche-Talsperre

Im Winter steht Tina Schlag auf dem Snowboard, im Sommer auf dem Stand Up Paddle. Mit der SUP-Station am Stausee Lütsche nahe Oberhof hat sich die Frohnatur einen langgehegten Traum erfüllt und die moderne Wassersportart in den Thüringer Wald – hoch oben in das Mittelgebirge – geholt. Sie verleiht die wackeligen Boards und zeigt in Kursen, wie die Gäste das nasse Element bändigen. Wie sie richtig aufstehen, paddeln und wenden – möglichst, ohne ins Wasser zu fallen.

 

 

Die ersten Camper öffnen ihre Zelte und kriechen aus den Betten ihrer Wohnmobile. Es riecht nach frischgekochten Kaffee, und im kleinen Shop des Campingplatzes Oberhof gehen Brötchen über die Ladentheke. Der hochgelegene Lütsche-Stausee ist ruhig an diesem Morgen. Die Wellen schlagen sanft ans Ufer, noch sind die Liegewiesen verschlafen. Nur eine ist schon hellwach: Das Energiebündel Tina Schlag. 

Die Frohnatur baut gerade ihre SUP-Station auf, wie jeden Morgen im Sommer. Mit viel Elan trägt sie die bunten Stand Up Paddles aus der Holzhütte und reiht sie nebeneinander auf, die blonden Locken fallen ihr immer wieder ins Gesicht. Sie öffnet ein Fenster der Hütte, über das die Gäste Kaffee, kühle Getränke oder einen spritzigen Aperol bestellen können, und richtet die Blumenvase aus. Sie stellt Liegestühle auf die kleine Terrasse, die einen fantastischen Blick auf den Stausee garantiert. „Wie ein kleiner Urlaub, oder?“

Tatsächlich: Die Lütsche ist ein echtes Paradies für Naturliebhaber und Ruhesuchende. Hier, oberhalb von Frankenhain und nur wenige Kilometer von Oberhof entfernt, mitten im Thüringer Wald, inmitten von sattem Grün und frischer Luft, gelingt es schnell, zu entspannen. Am, im und dank Tina nun auch auf dem Wasser. 2014 hat sie das Stand Up Paddling, kurz SUP, an die Talsperre – und damit auf 591 Meter über den Meeresspiegel – geholt. Auf einem großen, aufblasbaren Surfbrett stehend, bewegt man sich mit einem langen Stechpaddel über Flüsse und Seen. Der Ursprung geht auf polynesische Fischer zurück, die sich genauso auf dem Meer vor Tahiti fortbewegten. 

Trockenübung an Land

Das Stehpaddeln ist auch im Thüringer Wald möglich, sogar ohne Vorkenntnisse. „Gleichgewicht und ein bisschen Körpergefühl wären gut. Den Rest machen wir schon, keine Sorge“, ermutigt Tina. Bevor die Gäste aber auf das Wasser können, müssen sie Muskelkraft beweisen. Die SUPs, von denen sie verschiedene Größen vorrätig hat, müssen mit 1,4 Bar aufgepumpt werden. „Da kommt man schon mal ins Schwitzen. Aber das gehört zum Sport dazu. Und mit der Zeit wird man auch schneller. Mein Rekord liegt bei neun Minuten.“

 

 

Nach diesem Aufwärmprogramm bittet sie zur Trockenübung an Land, bei der sie ihren Gästen zeigt, wie sie am leichtesten aufstehen und einen sicheren Stand halten. „Am Anfang zittern einige auf dem Brett, weil es erst einmal ungewohnt ist und sie die Balance finden müssen. Oder aus Angst um die Haare. Das Problem kennen viele Mädels“, sagt Tina augenzwinkernd. 

Liebe zum Brettsport

Wer die Suhlerin in ihrem pinken Shirt und der türkisfarbenen Hose beobachtet, kann kaum glauben, dass sie früher als Bankkauffrau gearbeitet und Kunden über Finanzen beraten hat. Wer sieht, wie sie in der Natur agiert, wie sie strahlt, wenn sie von ihren Angeboten spricht, kann sie sich nur schwer im Businessoutfit vorstellen. „Ich habe mir hiermit einen Traum erfüllt“, sagt die Frau, die auch die Trainerlizenzen für Nordic Walking innehat und Inlineskate-Instructor ist. 

Tina liebt die Natur – und den Brettsport, egal ob auf dem Wasser oder im Schnee. „Als ich 17 Jahre alt war, habe ich Snowboarden zum ersten Mal ausprobiert. Auf der Golfwiese in Oberhof. Damals war das bei uns noch gar nicht angekommen und ich stand mit einer Jeans auf dem Brett“, erinnert sie sich. Der Funke sprang sofort über: Sie übte an den Hängen in Oberhof und Schmiedefeld und später in den Alpen. Mit nur 21 Jahren absolvierte sie ihre Ausbildung zur Snowboard-Trainerin. „Das ist das Beste, was es gibt. Weil es glücklich macht zu sehen, wie die Schüler ohne jegliche Kenntnisse zu mir kommen und am zweiten Tag schon Kurven fahren können.“

Und in den warmen Monaten, wenn das Snowboard im Keller verharren muss? Dafür suchte Tina nach einer passenden Alternative. Durch einen puren Zufall kam sie auf das SUP. „Ich habe nicht lange überlegt und mich gleich dafür entschieden.“

 

 

Weltweiter Trendsport

Damit hatte sie einen unglaublich guten Riecher. Nachdem das SUP im 20. Jahrhundert vor allem von Surflehrern in Hawaii genutzt wurde, verbreitet es sich mittlerweile als Trendsport in der ganzen Welt; sogar nationale und internationale Wettbewerbe werden organisiert. Vor allem im Corona-Sommer, als die Menschen zu Hause bleiben mussten, haben sich viele ein SUP zugelegt. Wer kein eigenes hat, leiht es sich bei Tina aus, inklusive Paddel und auch den Neoprenanzug. Selbst im Sommer wird die Lütsche meist nicht wärmer als 20 Grad Celsius. 

Den richtigen Umgang mit den SUP lehrt sie ihren Kursen, die von Anfängern und Fortgeschrittenen, von Individualgästen als auch von Gruppen für Geburtstagsfeiern oder Firmenevents gebucht werden können. Tina zeigt ihnen das sichere Aufstehen und die Grundposition, die richtige Paddeltechnik und Wendemanöver und wie sie sich auf dem Gewässer fortbewegen, ohne sich und andere zu gefährden. „Das Schöne an dem Sport ist: Es macht großen Spaß und ist kinderleicht zu lernen“, betont sie. Wer die Kniffe erst einmal drauf hat, kann sich gleich an den nächsten Trendsport wagen – und eine Yoga-Stunde auf den SUP buchen.

Perfektes Workout

Eine Ausfahrt sei ein perfektes Workout für den ganzen Körper: Schulter- und Rückenpartie werden trainiert, die Lendenwirbel- und Beinmuskulatur wird gestärkt, der Gleichgewichtssinn geschult und die Fitness insgesamt gefördert. „Man kann ganz entspannt fahren oder sportlich. Außerdem erlebt man die Landschaft aus einer ganz anderen Perspektive“, sagt Tina. 

Mit einem kräftigen Paddelzug drückt sie sich vom flachen Ufer weg und navigiert ihr Board Richtung Talsperre, auf der anderen Seite der SUP-Station. Sie gibt sich den leichten Wellen hin, sieht, wie sich die Bäume im Wasser spiegeln und lässt sich für einige Minuten auf dem See treiben. „Das entspannt. Das macht den Kopf frei.“