Kulturregion Wartburg im Thüringer Wald

Die Arbeit vor der Lampe

Glasblasen in Heimarbeit

Läuft man abends durch Lauscha, an den kleinen mit Schieferschindeln bedeckten Häuschen vorbei, so kann man mit etwas Glück einen Blick in eine der Glasbläserwerkstätten erhaschen: Der Gasbrenner wirft warmes Licht in den Raum, über dem offenen Feuer wird ein Glaskolben erhitzt. Wenn das Glas eine Temperatur von max. 1200 Grad erreicht hat, beginnt es glühend zu schmelzen und die Kunst des Glasblasens kann beginnen. Mit großer Fingerfertigkeit und geschicktem Ausbalancieren dreht der Glasbläser den Kolben, während er gleichmäßig Luft hineinbläst. Innerhalb weniger Sekunden entsteht eine Kugel in der gewünschten Größe. Was dem gestandenen Glasbläser so spielend leicht gelingt, ist ein kunstvolles Handwerk, das heute in einer dreijährigen Ausbildung in der Berufsfachschule Glas in Lauscha erlernt werden kann.

 

 

Das „Arbeiten vor der Lampe“ wurde um 1770 in die Lauschaer Gegend gebracht. Damals wuchs der Bedarf an Glasbläserwaren rasch, doch in den großen Glashütten reichte der Platz nicht aus. Durch die Entwicklung der Heimarbeit widmete sich bald jede zweite Familie in Lauscha dem Herstellen von Hohlperlen, später dann von Glaskugeln und anderem Christbaumschmuck. Anfangs war die Hitze der Öllampe noch recht schwach, später kam man darauf, einen Blasebalg hinzuzunehmen, um die Temperatur des Feuers zu erhöhen und größere Kugeln zu blasen. 

Den Rohstoff bekamen die Heimarbeiter aus den umliegenden Glashütten in handlichen Stücken, den Röhren oder Kolben. Auch wenn die Röhren-Herstellung heute zumeist industriell verläuft, kann man dem spektakulären Prozess des Glasziehens in der „Farbglashütte“ von Lauscha voller Staunen zusehen. Dabei wird die glühende, zähflüssige Glasmasse auf einer sogenannten „Ziehbahn“ bis zu 90! Metern gezogen. Der Durchmesser der Röhren beträgt am Ende wenige Millimeter bis vier cm, je nach Bedarf. Abgekühlt und in kleine Stücke geschnitten werden die Röhren in den verschiedensten Farben auch heute noch an Glasbläser geliefert. 

 

 

Doch die durchsichtige Kugel ist nur ein Zwischenprodukt und längst noch nicht fertig. Um ihr ein leuchtendes und glitzerndes Aussehen zu verschaffen, sind weitere geheimnisvolle Arbeitsschritte notwendig, die früher meist von der Frau des Glasbläsers unter Mithilfe der Kinder ausgeführt wurden. Auch wenn die ganze Familie mitarbeitete, blieb der Verdienst des Glasbläsers früher sehr gering, das eigentliche Geld verdienten die Verleger und Händler. Zudem war durch das offene Feuer der Sauerstoff in der Stube schnell verbraucht, das Arbeiten mit Farben und Blei setzte der Gesundheit zusätzlich zu. Da war es schon eine hilfreiche Erfindung, als ab Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr Blei zum Verspiegeln in die Kugeln gegossen wurde, sondern eine Silbernitratlösung. Diese Technik wie überhaupt der gesamte Prozess ist bis heute fast gleichgeblieben. Die nun bereits glänzende Kugel wird abschließend mit Lack überzogen oder geübten Handgriffen kunstvoll bemalt, mit zarten Fäden umsponnen und mit Glitzer dekoriert. Fertig ist die funkelnde Weihnachtskugel! 
Erworben werden können die kleinen Weihnachtskunstwerke das ganze Jahr über in den vielen Familienbetrieben der Region.

© LEIKA Kommunikation / Ute Lieschke, Johanna Brause